Verhinderungspflege
Wenn pflegebedürftige Personen zu Hause von Angehörigen oder Bekannten gepflegt werden, stellt sich irgendwann die Frage:
Wer übernimmt, wenn die pflegende Person mal in Urlaub fahren möchte oder krankheitsbedingt ausfällt?
Hier kommt die sogenannte „Verhinderungspflege“ ins Spiel, eine Leistung der Pflegekassen, auf die die/der Pflegebedürftige zusätzlich zum Pflegegeld Anspruch hat. Wir zeigen Ihnen hier, was es genau mit der Verhinderungspflege auf sich hat und worauf bei der Inanspruchnahme geachtet werden muss, wenn ein Pflegedienst diese Aufgabe übernehmen soll.
Wer hat Anspruch auf Verhinderungspflege?
Der Anspruch auf Verhinderungspflege besteht bei pflegebedürftigen Menschen, die mindestens in Pflegegrad II eingestuft wurden. In Pflegegrad I besteht der Anspruch leider nicht.
Außerdem muss die/der Pflegebedürftige seit mindestens 6 Monaten einen Pflegegrad haben und in dieser Zeit von der privaten Pflegeperson versorgt worden sein.
Worin besteht der Unterschied zur Kurzzeitpflege?
Die Verhinderungspflege wird in der Regel im Privathaushalt des pflegebedürftigen Menschen erbracht. Theoretisch kann dies aber auch an einem anderen Ort erfolgen, z.B. in der Privatwohnung eines Sohnes o.ä.
Die Kurzzeitpflege hingegen meint die zeitweise Unterbringung in einem Pflegeheim, z.B. für die Dauer des Urlaubs der Pflegeperson.
Welche Leistungen können im Rahmen der Verhinderungspflege durch einen Pflegedienst erbracht werden?
Im Rahmen der Verhinderungspflege können alle Leistungen erbracht werden, die der Pflegedienst anbietet und die seinem Vertrag mit den Pflegekassen entsprechen. In der Regel sind das Körperpflege, hauswirtschaftliche Hilfe und pflegerische Betreuung.
Insgesamt befinden sich in dem Topf für die Verhinderungspflege 1612,- €, die im Laufe eines Kalenderjahres ausgeschöpft werden können. Sollte dieser Betrag nicht ausreichen, so können aus dem Topf für die Kurzzeitpflege, in dem sich (ab dem 01.01.2022) 1774,-€ befinden, 806,- € auf die Verhinderungspflege übertragen werden, sodass auf diese Weise bis zu 2418,-€ für Leistungen der Verhinderungspflege verwendet werden können.
Wirkt sich die Inanspruchnahme der Verhinderungspflege auf das Pflegegeld aus?
Ob die Verhinderungspflege Auswirkungen auf das Pflegegeld hat, hängt davon ab, in welchem Umfang die Pflegeperson verhindert ist. Ist sie nur bis zu 8 Stunden täglich verhindert (=stundenweise Verhinderungspflege), so mindert die Inanspruchnahme das Pflegegeld nicht – es wird in voller Höhe weiter ausgezahlt. Das wäre z.B. der Fall, wenn die Pflegeperson aus beruflichen Gründen für einige Wochen täglich morgens für vier Stunden unterwegs sein muss.
Wenn die Pflegeperson jedoch mehr als 8 Stunden täglich verhindert ist, wird dies als „tageweise Verhinderungspflege“ bezeichnet. In diesem Falle wird das Pflegegeld an den Tagen, an denen die Verhinderungspflege erbracht wird, um die Hälfte gekürzt.
Wie lange kann die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden?
Die Verhinderungspflege kann bis zu 42 Tage erbracht werden. Wenn sie allerdings stundenweise erfolgt, die Pflegeperson also weniger als 8 Stunden verhindert ist, erfolgt keine Anrechnung auf die maximale Zahl der Tage. Die 42 Tage verringern sich daher nur bei der „tageweisen Verhinderungspflege“.
Wie beantrage ich die Verhinderungspflege?
Rufen Sie einfach bei Ihrer Pflegekasse an und teilen Sie ihr mit, dass Sie Verhinderungspflege benötigen. Sie erhalten dann einen entsprechenden Vordruck mit der Post, den Sie ausgefüllt an die Kasse zurücksenden.
Viele Pflegekassen bieten diesen Vordruck auch als Download im Internet an, sodass Sie sich u.U. den Anruf und das Warten auf die Post sparen können.
Die Anträge selbst sind leider oftmals für Laien kaum zu verstehen. Sollten Sie hierbei Schwierigkeiten haben, helfen wir Ihnen gerne.
Zu welchem Zeitpunkt muss die Verhinderungspflege beantragt werden?
Die Verhinderungspflege muss nicht im Voraus beantragt werden. Dies würde auch dem Sinn der Sache widersprechen. Schließlich kann Verhinderungspflege ganz plötzlich erforderlich werden, z.B. durch Krankheit der Pflegeperson. Der Antrag kann theoretisch sogar erst nach Beendigung der Verhinderungspflege gestellt werden.
Er sollte aber der Einfachheit halber möglichst zeitnah erfolgen, um z.B. etwaige Unklarheiten möglichst frühzeitig klären zu können.
Mit wem rechnet der Pflegedienst die Verhinderungspflege ab?
Ganz offiziell handelt es sich bei der Verhinderungspflege um eine Privatleistung. Daher erhält eigentlich die/der Pflegebedürftige die Rechnung des Pflegedienstes. Diese muss er zunächst begleichen, kann sich das Geld dann aber von der Pflegekasse bis zum Betrag von 1612,- € bzw. 2416,- € (s.o.) zurückholen.
Diese umständliche Methode lässt sich aber einfach umgehen, indem die/der Pflegebedürftige eine Abtretungserklärung zugunsten des Pflegedienstes unterschreibt, die diesen ermächtigt, die Leistungen direkt mit der Pflegekasse abzurechnen. Manche Kassen bieten sogar die Möglichkeit, direkt auf dem Antragsformular die direkte Abrechnung zu wählen.
Muss Verhinderungspflege immer durch einen Pflegedienst erbracht werden?
Nein, die Verhinderungspflege kann auch durch Einzelpersonen erbracht werden. Wie hier die finanziellen Bedingungen sind, richtet sich danach, in welchem Verhältnis die Person zum/zur Pflegebedürftigen steht. Für Verwandte bis zum zweiten Grad sind die Bedingungen andere als bei weitläufigeren Verwandten oder anderen Personen. Letztere gelten übrigens als „erwerbsmäßig tätig“, wenn sie die Verhinderungspflege erbringen, und müssen ihre diesbezüglichen Einnahmen versteuern und davon Versicherungsbeiträge abführen.
Genauere Informationen hierzu finden Sie auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums.